In den letzten Jahren ist offensichtlich geworden, dass neu entstandene (de novo) autosomal-dominante Gendefekte in Ländern mit hoch entwickelten Gesundheitssystemen und ohne nennenswerte Anteil an blutsverwandten Ehen die häufigste Ursache neurokognitiver Störungen sind. Meist liegen Mutationen in Einzelgenen vor, aber auch mehrere Gene betreffende genomische Veränderungen (z.B. Deletionen) sind relativ häufig. Technologische Entwicklungen wie die Mikroarrray-Analysen und die Genomsequenzierung haben den Nachweis krankheitsursächlicher Veränderungen wesentlich erleichtert. Hierzu haben Arbeitsgruppen am Institut auch wesentliche methodische Beiträge geleistet und systematische Untersuchungen durchgeführt wie z.B. (Rauch 2006, Hoyer 2007, Rauch 2012, Popp 2017). Außerdem haben sie mehrere beteiligte Gene erstmals mit neurokognitiven Störungen assoziieren können, wie z.B. TCF4 (Zweier 2007), ARID1B (Hoyer 2012), CTCF (Gregor 2013), DPF2 (Vasileiou 2018) RHOBTB2 (Straub 2018) oder FBXO11 (Gregor 2018).
Dennoch stellt die hohe genetische Heterogenität eine Herausforderung in der klinischen Tätigkeit dar. Erst die Betrachtung einer größeren Zahl von Patienten mit vergleichbaren genetischen Veränderungen erlaubt dann eine genauere Beschreibung des assoziierten klinischen Erscheinungsbildes und der Abschätzung der Prognose bei neu diagnostizierten Fällen. Arbeitsgruppen am Institut haben zahlreiche Beiträge zur Charakterisierung verschiedener syndromaler und nicht-syndromaler neurokognitiver Störungen geleistet, von denen hier einige exemplarisch herausgegriffen wurden (Zweier 2005, Zweier 2008, Gregor 2011, Reuter 2017).
Die Arbeiten werden durch zahlreiche Drittmittel in Sachbeihilfen und Forschungsverbünden von der DFG oder BMBF gefördert. Prof. Reis koordiniert aktuell den Forschungsverbund zu seltenen Erkrankungen mit Störungen der Chromatin-Dynamik CHROMATIN-Net.